Literatur im Schnittpunkt von Himmel und Erde Home

In den Nischen des Lichts

Über das Buch

Klöster: seit Jahrhunderten geschützt hinter Mauern. Heute ohne Schutz ein ‹Klostern in der Welt› versuchen?

Das Kloster St. Johann in Müstair, UNESCO-Weltkulturerbe, liegt an der Schweizer Grenze zum Südtirol. Das Münstertal / Val Müstair ist Teil des UNESCO-Biosphärenreservats. Kultur und Natur laden Menschen ein, hier zu wandern, im Kloster einzukehren und in der Ruhe eine Auszeit zu suchen. Vielleicht auch eine Umkehr? ‹Klostern› als Lebenskunst?

Vor Ort entstanden während 20 Jahren Texte im Kloster und in der Landschaft. Die Autorin versucht, das Spirituelle universell zu sagen. Die Gedichte und poetischen Meditationen eröffnen einen Sprach- und Erfahrungsraum für spürbare Auszeiten. Geistige Spuren werden gegenwärtig: unterwegs, zuhause, wo auch immer – an (W)ORT und STELLE.
Dieses Buch wird ergänzt durch einen weiteren Band mit Gedichten zum Nationalpark und Val Müstair: ‹Die Abwesenheit alles Überflüssigen›.

Nachwort

Wir geben uns hin in dem Raum,
der Dimensionen gebiert.
Sichtbares verliert nicht
den Kontakt zum Unsichtbaren.

Wo ist der Raum, der alles offen lässt? Geschlossen waren Klöster, umfriedet mit Mauern war der Garten als Erinnerung an das Paradies. Utopien kommen auf, wenn die Zeit nicht mehr paradiesisch ist oder noch nicht erfüllt sein kann. Was ist Fülle? Verlässt sich die Entwicklung darauf, dass wir das Mögliche denken, damit es lebbar wird? Zwischen Himmel und Erde will das Bestreben nicht heimatlos sein. Sucht das Geheimnis einen inneren Ort im Empfinden? In Religion, Philosophie, Kunst und Literatur kommt es zum Ausdruck. Damit Kultur entstehen kann, ist viel zu tun und auch zu lassen. Ruhe und Konzentration werden in der Klausur gepflegt. Agricultura: Pflege des Bodens. Und der innere Boden?

Wird er zu Humus, wenn (alte) Laster sich in Tugenden verwandeln? Statt Manipulation für äusseres Wachstum innere Transformation? Was kann wachsen durch Kultivierung von Saatgut im Geiste? Werden lichte Kräfte frei gesetzt in dichter Wirklichkeit? Was wirkt?

Stabil am Ort bleiben die Benediktinerinnen, die im Kloster Müstair beten und arbeiten. Im Rückzug vom Überfluss und Lärm der Welt pflegen sie die Hingabe an Gott, an das Geistige. Selbst wenn es nur wenige ihr Leben lang tun, wirkt sich das auf die Welt aus. Die Klausur fördert mögliche Kultur.

Nicht nur funktionieren in äusseren Zwängen, auch den inneren Zusammenhängen trauen und dem Frieden, dem Schöpferischen.
Wenn der geschützte Raum, wie ihn Klöster jahrhundertelang aufgebaut haben, heute in der Welt oft fehlt, wird uns das geistige Erbe womöglich im Ausgesetztsein zugemutet und in der Freiheit und Verantwortung zugetraut. Mut zur Klarheit, Einfachheit, Achtsamkeit. Kontemplative Erfahrung wird zur Nahrung: spirituell, universell. Die Liebe zur Schöpfung – in Dankbarkeit für Schönheit und Güte wird sie stark und überwindet Schwächen.